10 February 2003

Noa's concert in Hamburg (Germany)


Noa's concert in Hamburg, Germany -at Fabrik Feb 10th

The latest issue of the 'jpc courier' - jpc stands for jazz pop classic - featured a music special, "BestOf - The Finest In Entertainment, Nr.003, Feb 2003", that had a two-page inter- view with Noa. "BestOf" is published nine times a year and has a circulation of 120,000 copies per issue.

The cover of "Best of" shows Noa in a white cardigan over a black top, and words from her lyrics: I feel sorry for those who've lost their compassion / I feel sorry for those who still can, but don't / I would lay down my life for my child / But for them, for them I won't ("Hawk and Sparrow").


Noa
Politisch engagiert und erfolgreich: Seit über zehn Jahren ist Noa schon als musikalische Botschafterin Israels unterwegs. Sie hat den Titelsong für Roberto Benignis "La Vita È Bella" bei gesteuert und trat vor dem Papst und mit dem später ermordeten israelischen Regierungschef Itzhak Rabin auf. 'Now' heißt das neue Album der zierlichen Schönheit mit der Engelsstimme, auf
dem sie europäische und orientalische Musik zu internationalem Ethno-Pop vereinigt / von Linda Kube

Q: Sie wurden in Israel geboren, aber kurz danach sind ihre Eltern in die USA ausgewandert. Mit 16 kehrten sie von der Bronx wieder nach Israel zurück. War das nicht ein Kulturschock?

Noa: Mit 15 habe ich mich im Sommercamp in Israel in einen Jungen verliebt und bin seinetwegen ein Jahr später ganz zurück gegangen. Mit ihm bin ich seitdem zusammen, er ist seit 16 Jahren mein Ehemann! Natürlich hat das alles verändert -- die Art, wie ich denke, lebe und mich kleide. Aber ich fühle mich noch immer als Israelin mit amerikanischem Hintergrund.

Q: Beide Staaten haben mit Terror zu kämpfen.

Noa: Tiere wenden Gewalt an, um zu überleben, doch der Mensch hat sie für seine Zwecke auf ein neues Level der Grausam-
keit gesteigert. Terror ist seine schrecklichste Erfindung. In einem Staat, der täglich Terror erleidet, haben wir Isra- elis es irgendwie geschafft, mit Angst, Unsicherheit und Verlust zu leben. Aber ich hätte mir niemals vorstellen können, dass die USA einen Terroranschlag wie am 11. September erleben.

Q: Wie empfinden Sie die Reaktion der Amerikaner?

Noa: Mit gemischten Gefühlen. Sie wollen sich schützen -- aber die Einstellung, Gewalt mit Gewalt zu beantworten, ist
einfach falsch. Wir im Nahen Osten sehen doch jeden Tag, wohin das führt.

Q: Was hat sich seit der Ermordung von Ministerpräsident Itzhak Rabin, mit dem Sie befreundet waren, in Israel verändert?

Noa: Das war ein furchtbarer Verlust für unser Land und vor allem ein herber Rück- schlag für den Friedensprozess! Während
der Regierungszeit von Rabin war der Frieden das zentrale Thema. Jetzt habe ich das Gefühl, dass es "angesagt" ist,
nur über die Gewalt in unserem Land zu sprechen.

Q: Wer hat Schuld am Terror?

Noa: Gier und Egoismus. Die Industrie- länder haben sich zu lange nicht wirklich um die Dritte Welt gesorgt, weil sie sich
zu sicher fühlten. Wenn sie sich nicht solidarisch verhalten, werden sie jedoch mit ihr untergehen.

Q: Wie stehen Sie zu den Forderungen der Palästinenser?

Noa: Ich respektiere ihren Kampf um Freiheit. Sie sollten schon längst einen eigenen, kulturell und wirtschaftlich unabhängigen Staat haben, ihn jedoch auf diplomatischem Weg erlangen. Arafat hat schreckliche Dinge getan. Eine ganze Nation dazu zu animieren, alles in die Luft zu jagen, ist doch verrückt!

Q: Sie leben in Tel Aviv -- haben sie darüber nachgedacht, an einen sicheren Ort zu ziehen?

Noa: Doch, vor allem, seit mein Sohn ge- boren wurde. Es ist eine schreckliche Situation, wenn du nicht weißt, ob dein
Kind in Sicherheit ist. Aber Tel Aviv ist mein Zuhause -- und wer gibt das schon gerne auf.

Q: Was kann Musik erreichen?

Noa: Ich versuche, meinen Teil zur Versöhnung beizutragen, indem ich über die Hoffnung auf Frieden, über Liebe und
Verständnis singe. Auf 'Now' ist ein Duett mit der palästinensischen Sängerin Mira Awad zu hören.

Q: Sie sind vor zwei Jahren Mutter ge- worden -- wie hat sich Ihr Leben seitdem verändert?

Noa: Durch meinen Sohn Ayehli hat sich mein Leben grundlegend und unwiderruflich verändert. Ich habe die extremen Seiten
des Lebens kennen gelernt, Liebe, Schmerz, Geduld, Angst, Strapazen, Stärke, Erneue- rung. Ein wahrer Wirbelsturm der Gefühle! Es ist ein schöner, aber auch ziemlich schwieriger Prozess, weil man sich von seinem alten Leben verabschieden muss. Karriere und Musik sind jetzt nicht mehr das Wichtigste, heute bin ich zuerst Mutter und dann erst Sängerin.

[small picture: 'Now']
[Vielleicht spielt sie auf dem nächsten Album wieder Jazz wie einst mit Pat Metheny, vielleicht singt sie jemenitisch
oder auch hebräisch. Erst einmal aber hat Noa mit ihrem Partner Gil Dor ein sorten- reines Pop-Album aufgenommen, das bereits zu ihrem grössten Erfolg in Israel wurde.] [large picture: Noa in Jeans jacket]
[Eine schöne Frau, eine untadelige Patrio- tin, vielseitige Songwriterin, begeisterte Mutter und streitbare Politikerin. Mit Noa
liessen sich ein Dutzend Themenabende be- setzen, und mit ihrer Musik lassen sich ebenso viele Abende ohne Langeweile ver-
bringen.]

Q: Sie haben nun auf 'Now' moderne Sounds und Samples untergebracht.

Noa: Wir richten die Arrangements nach der Message und der Emotion des Songs. Ich frage mich, welche Musik meinen Text
optimal zur Geltung bringen könnte. Und wenn die elektronische Welt dem Song etwas geben kann, das aufregend ist, dann nehmen wir es.

Q: Wie hat man bei Ihnen in Israel auf 'Now' reagiert?

Noa: Es ist bisher unser erfolgreichstes Album in Israel, die beiden hebräischen eingeschlossen. Wir sind nie so oft im
Radio gespielt worden oder haben so viele gute Kritiken bekommen. Ich freue mich natürlich sehr, aber warum glauben die Is-
raelis auf einmal, es ist gut? Ich glaube, die Menschen haben endlich begriffen, dass sie jemanden brauchen, der ihr Land im Aus- land positiv vertritt. Die Menschen wollen endlich raus aus den negativen Schlagzeilen.

Q: Sie hatten für jedes ihrer Alben ein anderes Produktionsteam, diesmal hat ihr musikalischer Partner Gil Dor zum ersten
Mal selber produziert. Warum?
Noa: Nichts gegen die Menschen, mit denen wir gearbeitet haben, aber die bekannten Namen waren oft nur eine Beruhigung für die Plattenlabels. Jetzt haben sie genug Ver- trauen in uns, um uns auch die Produktion zu überlassen.

(c) copyright Medialust

7 February 2003

Noa's concert in Munich (Germany)




Israelin und Amerikanerin mit jemenitischen Wurzeln in einer Person Noa
Lyrik und Musik im Team mit Gil Dor
Unter dem Einfluss von Schwangerschaft und der Geburt ihres ersten Sohnes hat Achinoam Nini alias Noa ihr viertes „internationales“ Album zusammengestellt. Mit „Now“ hat sich die populäre Sängerin nach eigenen Worten aus der Vergangenheit in die Gegenwart katapultiert, gleichsam ins „Jetzt“ und „auf eine kleine Insel umgeben von einem Meer der Ungewissheiten“. Zwei Monate nach Erscheinen Anfang des Jahres wurde „Now“ bei MDR Kultur zur „CD der Woche“ erklärt. Auf ihrer kürzlich beendeten Deutschlandtournee konnten Noa und Gil Dor die neuen Lieder vorstellen. Zu Gast waren die beiden Künstler u.a. in der Münchener Muffathalle, 1894 im Jugendstil erbaut und benannt nach dem königlichen bayerischen Reichsarchivrat und Historiker Karl Muffat. Ursprünglich ein Dampfheizkraftwerk und in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts vorübergehend als Indoortennisplatz genutzt, wurde aus der denkmalgeschützten Halle 1992 ein zwischenzeitlich populärer „Kulturpalast“.

Von Matti Goldschmidt

www.noasmusic.com/noasmusic.html
www.musicas.de/de/artist_noa.html

a. international
„Noa” (Geffen, 1994)
„Calling” (Geffen, 1996)
„Blue Touches Blue” (Universal, 2000)
„Now” (Universal, 2002)

b. Israel
„Achinoam Nini & Gil Dor – Live”
(NMC, 1991)
„Achinoam Nini & Gil Dor” (NMC, 1993)
„Achinoam Nini” (NMC, 1997)
„Achinoam Nini & the Israel Philharmonic
Orchestra” (NMC, 1998)
„First Collection” (NMC, 2001)


Obwohl in Israel geboren, lebte Achinoam Nini, so ihr voller Name, bis zu ihrem siebzehnten Lebensjahr nicht in ihrer Heimat. Dies war allerdings für ihre spätere Karriere von Vorteil, da sie dadurch in gleich zwei Sprachen fließend kommunizieren kann. Ihre Großeltern wanderten in den 20 er Jahren des letzten Jahrhunderts aus dem Jemen in das vom Völkerbund Großbritannien zugewiesene, durch das sog. Balfourabkommen 1917 als „Heimstätte der Juden“ definierte Protektorat Palästina ein. Zweijährig gelangte Noa schließlich 1971 aus dem israelisch-jemenitischen Dorf Tirath Schalom (wörtlich „Friedensburg“) in die Bronx in New York – wo sie in den folgenden 15 Jahren bleiben sollte. Musiker, die sie bis heute bewundert und irgendwie seit Beginn ihrer Karriere beeinflussen, sind deshalb weniger Israelis, als (Nord-) Amerikaner, wie etwa Paul Simon, Leonard Cohen oder Joni Mitchel.

Soweit Noa zurückdenken kann, fasziniert sie das Singen. Bereits im zarten Alter von drei Jahren wird sie von den Eltern auf den Küchentisch gehoben, um „öffentlich“ vor der Familie Kinderlieder zum Besten zu geben; eine einfache Karotte dient als Mikrofonersatz. Mit sieben schreibt sie erste Gedichte und Liedtexte, altersgemäß über recht profane Dinge wie die Bäume im Park, Liebe – soweit sie für Kinder ihres Alters greifbar ist – oder gar Kakerlaken (die in der Wohnung des Nachbarn natürlich).

Noa trifft Gil Dor
Als Teenager verliebt sich Noa in einen Israeli namens Ascher Baraq (den sie später heiraten wird) und kehrt 1986 alleine nach Israel zurück. Achtzehnjährig wird sie – wie alle Frauen in Israel – zum Militär eingezogen. Nachdem sie während ihres zweijährigen Militärdienstes als Sängerin eines Unterhaltungscorps gearbeitet hatte, besucht sie im Anschluss eine Musikfachschule in der Nähe von Tel Aviv. Dort beeindruckt sie als Musiker wie als Mensch besonders ein Lehrer: Gil Dor, mit ihm wird sie künstlerisch bis zum heutigen Tage zusammenarbeiten. Anfang 1990 wird das erste öffentliche Konzert der beiden organisiert. Da das absolut unbekannte Duo bis dato nur über wenige eigene präsentationsreife Lieder verfügt, werden bekannte Lieder von – noch – bekannteren Musikkollegen gecovert. Noa hat kein Problem mit fremdem Material zu arbeiten, das damals noch rund 80 Prozent des Gesamtrepertoires ausmacht; ganz im Gegenteil: Es komme eben darauf an, diesen Liedern seine eigene Handschrift zu geben.

Aus dieser Zeit stammt auch das erste Album – 1991 live aufgenommen im Tel Aviver Szeneklub Tzavta, und zwar ausgerechnet am ersten freien Abend nach Beendigung des damaligen Golfkrieges. Das 1993 veröffentlichte zweite Album – wiederum in Zusammenarbeit mit Gil Dor– bewirkt einen deutlichen Popularitätsschub in Israel, es wird zu einem Meilenstein in Noas Karriere. Sämtliche Texte des Albums stammen von der in Königsberg, dem heutigen russischen Kaliningrad, geborenen Lea Goldberg (1911-1970), die schon während der britischen Mandatszeit ein modernes Hebräisch benutzte, um symbolische Inhalte in einfacher Sprache auszudrücken. Noa kommt die einfache Sprache Goldbergs gewissermaßen entgegen, als Neueinwanderin in Israel ist sie zwar im Alltagshebräisch redefest, der Sprung ins literarische Hebräisch erscheint als höhere Hürde.
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NOA
„Blue Touches Blue“
(Universal 542 283-2)
15 Tracks; 55:45, mit Texten

„Now“

(Universal 586 887-2)
13 Tracks; 47:09, mit Texten

Nach den internationalen, in den USA produzierten Alben „Noa“ und „Calling“ hat es vier Jahre gedauert, bis Noa mit ihrem musikalischen Partner Gil Dor (Gitarre) im Jahre 2000 das lange erwartete dritte Album herausbrachte. Zwar sind Verkaufszahlen strenge Geheimsache, jedoch hat nach Auskunft der deutschen Vertriebsfirma Polydor dieses Album hierzulande bislang den größten Umsatz unter ihren Alben erreicht. Zohar Fresco (Perkussion), Yaaki Levi (Schlagzeug), Yorai Oron (Bass) und Gil Zohar (Piano) vervollständigen das Sextett, das mit „Blue Touches Blue“ neue Wege beschreitet. Produziert wurde dieses Album hauptsächlich in Frankreich – mit „Nebenschauplätzen“ in den Niederlanden, England und Israel, was dessen internationalen Charakter sicher unterstreicht. In den meisten Fällen sind Text und Musik eine Gemeinschaftsarbeit von Noa und Gil Dor. Bereits das erste Stück, „If I Give You Everything“, zeigt die neue Richtung: Emotionsvolle Worte, nach Noa „ein Schrei bedingungsloser Liebe“, begleitet von einem eindrucksvollen musikalischen Arrangement. Dass „Rationalität nur ein dünnes Schutzschild gegen die Wahrheit“ ist, erfahren wir in „Explain The Night“. Während „Dala Dala“ in einem jüdisch-jemenitisch arabischen Dialekt gesungen ist, wurde „Boqer“ aus dem „grünen“ hebräischen Album (1997) als „Morning“ neu aufgenommen – da das morgendliche Chaos in Tel Aviv besungen wird, hat man die hebräische Sprache größtenteils beibehalten. Einen weiteren Höhepunkt bildet „Beautiful That Way“ als sog. „Bonustrack“ zu Roberto Bagninis Film „La vita é bella“ (Musik: Nicola Piovani). In Spanien wurde das Album umsatzmäßig mit „Platin“ ausgezeichnet, die Titel „Blue Touches Blue“ und „Again And Again“ mit spanischem Text als Single veröffentlicht.

Das nach Noas eigenen Worten „bislang beste Album“ ist allerdings das in Frankreich bereits im März 2002 und in Deutschland erst im vergangenen Januar erschienene Werk „Now“. Der Titel steht dafür, was für Noa „jetzt“ ist, was sie eben „jetzt“ fühlt. Sie versteht ihr aktuelles Album ganz einfach als Reise in ihre eigene Seele, aber auch als durchaus konsequente Fortsetzung zu „Blue Touches Blue“. Gil Dor und Zohar Fresco kennt man längst vom vorausgegangenen Album, hinzu kommen für die meisten der jetzigen Aufnahmen Eli Magen (Bass), Adi Rennert (Piano, Keyboards) und Jean Paul Zimbris (Schlagzeug). Ein positiver Schritt zurück zu Noas Karrierenbeginn bilden zwei Cover-Versionen, darunter der Beatleshit „We Can Work It Out“ (Gesang: Noa und die palästinensische Sängerin Mira Awad), eine nicht unbeabsichtigte Anspielung auf einen absolut möglichen Friedensabschluss in ihrem Heimatland Israel mit den Palästinensern. Neben Awad wirken auf diesem Album als weitere Gäste mit Lokua Kanza in „Hawk And Sparrow“ und Rita Marcotulli in „Tomorrow“. Noas Aussagen in ihren Liedern sind „jetzt“ klarer, eindeutiger und unmissverständlicher geworden. So sagt sie beispielsweise zu „Hawk And Sparrow“: „Ich kann den natürlichen Überlebenskampf zwischen einem Falken und einem Sperling durchaus verstehen, jedoch denke ich, dass wir Menschen dazu Alternativen besitzen ...“

Matti Goldschmidt